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Von Volkan,

Viele Prinzipien, wenig Erfolg: Fatih Terim, Trainer der türkischen Auswahl, fällt schon vor der Niederlage gegen Island mit irritierenden Aussagen auf. Ihm wird nicht nur ein herrischer Führungsstil, sondern nun auch Wehleidigkeit vorgeworfen.

Dass Fatih Terim, vor dessen herrischem Führungsstil und rauen Ansprachen schon Generationen von Spielern strammstanden, nun auch noch Wehleidigkeit vorgeworfen wird, fügt der Demontage des türkischen Nationaltrainers eine weitere Pointe hinzu. Genüsslich zitierten türkische Medien nach der 0:2-Pleite der Türken am Sonntag in Reykjavik den isländischen Torschützen Johann Gudmundsson: "Die Türkei hat wirklich gute Spieler. Doch ihr Trainer spricht schon vor dem Spiel davon, dass man solche Wetterbedingungen nicht gewöhnt sei. Unsinn ist das, es wird Elf gegen Elf gespielt", ätzte Gudmundsson, als wetterfester Profi beim FC Burnley in England beschäftigt, und fügte scharf hinzu: "Es bringt doch nichts, schon vor dem Spiel wehleidig zu sein."

Terim erklärte hingegen nach dem Abpfiff unbeirrt: "Wir hatten hier Temperaturunterschiede von 20 bis 25 Grad und einen starken Gegner." Es klang wie eine eher billige und in jedem Fall wehleidige Entschuldigung für eine Niederlage gegen den kampfstarken EM-Viertelfinalisten, in deren Verlauf Terim wieder einmal eine fragwürdige Taktik gewählt hatte.

Die Auswahl Islands begeistert auch nach dem Abschied von Lars Lagerbäck (Co-Trainer Heimir Hallgrimsson führt das Team nun alleine) mit stürmischem Underdog-Fußball. Zusammen mit Kroatien führt sie die Gruppe I mit sieben Punkten nach drei Spielen an. Die Türken hingegen bleiben weiter sieglos - und erscheinen mit nur zwei Zählern auf dem Weg zur WM 2018 in Russland schon abgehängt zu sein. Dabei hat diese Auswahl Talent.

Aber die Türken und ihr starrsinniger Trainer, inzwischen zum dritten Mal im Amt, stehen sich wieder mal selbst im Weg. Kaum nachvollziehbar wechselt Terim Personal und Formation. In Reykjavik etwa verheizte er den 18 Jahre jungen Dribbler Emre Mor (Dortmund) eine Spielhälfte lang als falsche Neun, alleine im Sturmzentrum. An eine neuerliche Comeback- Geschichte, wie sie die Türken mit diesem Trainer schon mehrmals geschrieben haben, will aktuell niemand glauben.

Terim verlangt bedingungslose Unterordnung von seinen Spielern, Widerspruch hat Konsequenzen. Nach der EM kam es zum Bruch zwischen Terim und Kapitän Arda Turan. Der Offensivspieler vom FC Barcelona wurde seitdem nicht mehr zu Länderspielen eingeladen, ebenso wie Spielmacher Selcuk Inan und Stürmer Burak Yilmaz. Beide Seiten widersprechen aber der Medien-Version, dass Streit über von Terim ausgelobte Prämien während der EM zum Riss geführt habe. Arda sagt nach zunächst irritierten Reaktionen nun, dass er gerne wieder für sein Land spielen wolle. Das tat - zwei Jahre nach der "Pistolen-Affäre" (ein Teamkollege hatte ihn mit einer Waffe bedroht) - nun überraschend wieder der Leverkusener Verteidiger Ömer Toprak, ohne weitere Erklärung von Terim. Unerklärte Personalvolten sind bei ihm immer auch Machtdemonstrationen.

Der Druck auf den Trainer aber wächst. In der vorigen Woche wurden das Gehalt und andere Details aus dessen Vertrag bis 2018 öffentlich. Mit 3, 5 Millionen Euro pro Jahr gehört er zu den Topverdienern unter Europas Nationaltrainern, bei einer vorzeitigen Entlassung wäre laut einem Medienbericht als Abfindung die ganze Summe bis Vertragsende fällig. Dass derlei Interna an die Öffentlichkeit dringen, zeigt, dass Terim im Verband nicht mehr nur Freunde hat. Trotzig sagte er nach dem Debakel auf der Nordatlantikinsel: "Unser Kampf ist noch nicht zu Ende." Ob ihm die Spieler das noch glauben?
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